HISTORIE WESTSPITZE

Von der Zwischennutzung zum Erbbaurecht – Der Kampf um Kunst und Kultur auf dem ehemaligen Güterbahnhof Ehrenfeld 2013-2023

Im Folgenden wird dargestellt, wie in den Jahren von 2013 – 2023 in einem Prozess mit vielen Beteiligten die Voraussetzungen für die dauerhafte Etablierung eines Ortes für Kunst und Kultur auf dem Güterbahnhof Ehrenfeld geschaffen wurden.

Um es gleich vorwegzunehmen: Der hier dargestellte Prozess kann aufgrund seiner Dauer von fast einer Dekade zuerst mal eine abschreckende Wirkung entfalten. Wir wurden während all’ der Jahre oft mit Erstaunen gefragt: „Wie haltet ihr das nur so lange durch?“

Die Antwort darauf ist relativ simpel: Es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die Notwendigkeit von gemeinwohlorientierter Quartiers- und Stadtentwicklung – im Gegensatz zu rein renditeorientierter Entwicklung, die aufgrund ihrer Renditeerwartung gemeinwohlorientierte Projekte meist per se exkludiert.

Wir konnten somit einen dauerhaften Trialog mit den Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung begründen, haben tiefe Einblicke in die Prozesse der demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung erhalten und haben alle Möglichkeiten genutzt (Bürgerbeteiligung, Petition, Eingabe an den Ausschuss für Anregungen und Beschwerden, Interventionen auf Beschlussvorlagen) uns aktiv in die demokratischen Prozesse einzubringen oder noch klarer formuliert einzumischen.

Da unsere Visionen und daraus resultierenden Konzepte einen breiten Rückhalt erfahren haben und deren Realisierung nie utopisch war, sondern immer REAL im Raum stand, entwickelte sich bei uns ein Bewusstsein für die eigene Wirkmächtigkeit hinsichtlich der Möglichkeiten, die Gesellschaft, in der wir leben, aktiv mitgestalten zu können.

Darüber hinaus haben wir durch die Dialoge und Kooperationen mit etlichen Expert:innen, die im Bereich von Stadtentwicklung und Architektur aktiv sind sowie durch Lektüre und Recherchen zu den relevanten Themen, enorm viel gelernt, was durch den unmittelbaren Praxisbezug sehr inspirierend war.

Die nun folgende Chronologie ist lediglich ein kleiner Ausschnitt aus diesem langjährigen Prozess, enthält aber alle entscheidenden Schritte und Teilerfolge, die ganz wesentlich für unser Durchhalten und den letztendlichen Erfolg waren.

2013 – 2014

Die Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofs Ehrenfeld zu einem gemischten Quartier mit Wohnen, Gewerbe und Kultur (die sog. Ehrenfelder Mischung) wurde im September 2013 initiiert.

Zu diesem Zeitpunkt war JACK IN THE BOX e.V. bereits seit 6 Jahren als Zwischennutzer auf dem Gelände aktiv. Im Protokoll des Workshops zur zukünftigen Geländeentwicklung hieß es:

Angestrebt wird an diesem Standort eine Mischung von Nutzungen, die sowohl aus dem Bestand heraus und auch als neue, zeitgemäße und realistische Weiterentwicklung der Ehrenfelder Urbanität eine besondere Adresse bildet. Dazu gehören neben den Bausteinen Wohnen und Gewerbe auch Bildung und, soweit möglich, Kultur … “Jack in the Box“ als sozial-gewerblich-kulturelle Einrichtung ist mittlerweile Identität stiftend für den Standort Güterbahnhof Ehrenfeld.“

Die entscheidende Fragestellung für die beteiligte Bürgerschaft, Politik, Jury und uns als Pionier- und Zwischennutzin des Areals lautete damals: Wie kann es – vor dem Hintergrund beständig steigender Boden- und Immobilienpreise – gelingen, soziokulturell lebendige innerstädtische Quartiere zu entwickeln?

Im Konkreten: Wie kann es im Rahmen der Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofs Ehrenfeld seitens einer renditeorientiert agierenden Eigentümerin (aurelis Realestate) gelingen, Nutzungen zu integrieren, die der soziokulturellen Lebendigkeit und Kreativität von Ehrenfeld (gemäß der Leitidee des 2014 im mehrphasigen kooperativen Gutachterverfahren entwickelten Terminus der “Ehrenfelder Mischung”) entsprechen? Kann die Arbeit von JACK IN THE BOX & Co, die diese Leitidee mitprägte, auf dem Gelände fortgesetzt werden?

Im April 2014 erfolgte auf Grundlage des späteren Siegerentwurfs des Architekturbüros von Trint & Kreuder unsere erste grobe Entwicklung und Skizzierung eines Nutzungskonzeptes für die rein gewerblich geprägte OSTSPITZE des Geländes mit einer Nutzfläche von ca. 20.000 qm. Diese war Bestandteil der offiziellen Stellungnahme von JACK IN THE BOX & Co im Rahmen der Bürgerbeteiligung (als Anlage 7 zur Beschlussvorlage des StEA vom 14.11.2014).

In der Abschlusspräsentation des kooperativen Gutachterverfahrens v. 15.05.2014 wurde zum “Charakter des Standortes, Kreativwirtschaft” festgehalten:

Für Jack in the Box, für Kulturschaffende und für die Kreativwirtschaft, z.B. für Musiker und für Veranstaltungen, ist nach Auffassung der Bürger/innen der bereits lärmbelastete Standort des Güterbahnhofes ein sehr gut nutzbarer Ort, auch für innovatives Gewerbe. Dies sollte bei der weiteren Entwicklung und beim Nutzungskonzept stärker bedacht werden.“

Und in der Beschlussvorlage zur B-Plan-Aufstellung des  StEA vom 14.11.2014 hieß es unter Punkt 9:

Der Aurelis sowie der Verwaltung ist die Bedeutung von „Jack in the box“ für die Bürgerschaft bewusst. Es ist zu prüfen, ob eine Option für einen Verbleib auf der Fläche besteht.“

Darauf folgte die deutlich stärkere Forderung als Punkt 9 des Beschlusses der Bezirksvertretung Ehrenfeld (BV 4) vom 08.12.2014:

Der Verbleib von ‚Jack in the Box‘ auf dem Güterbahnhofgelände ist in jedem Falle sicherzustellen;“

2015

Letztendlich ging dann folgende – gegenüber der Vorlage deutlich weitergehende – Formulierung unter Punkt 8 in den Aufstellungsbeschluss des StEA v. 15.01.2015 ein:

Es sind die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, die einen Verbleib von „Jack in the Box“ auf dem Güterbahnhofsgelände ermöglichen.“

Dieser Beschluss ermöglichte es uns, in vertiefende Planungsgespräche mit der Grundstückseigentümerin einzusteigen.

Die ersten Konkretisierungen erfolgten in 2015 hinsichtlich der Nachnutzung der ca. 2.000 qm großen ehemaligen Güterhalle in der Ostspitze, entwickelten aber keine Dynamik, da eine alleinige Betrachtung der Güterhalle ohne die umliegenden Gebäude explizit mitzudenken, nicht zielführend war.

2016

In 2016 gelang es schließlich, eine Kooperation mit interessierten Finanzierungs- und Architekturpartnern (Gründung der Entwicklungsgesellschaft Güterbahnhof Ehrenfeld / EGGE am 14.09.2016) zur Umsetzung des Konzeptes zu begründen und mit der Grundstückseigentümerin in Ankaufsverhandlungen für die OSTSPITZE zu treten, um das mittlerweile ausgearbeitete Konzept für die Nutzung der gesamten 20.000 qm Nutzfläche umzusetzen. Das Konzept wurde im Januar 2017 im Rahmen der Bürgerbeteiligung zur Offenlage des B-Plans im voll besetzten Bürgerzentrum Ehrenfeld vorgestellt und erfuhr breiten Zuspruch seitens der Anwesenden.

Ende 2016 endeten alle Zwischennutzungen, auch die von JACK IN THE BOX e.V., auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs.

2017

Nach Erhalt des Planungsrechts im Juli 2017 wurde deutlich, dass die Grundstückseigentümerin aurelis an einer Kooperation keinerlei Interesse mehr hatte und bekundete die OSTSPITZE selbst entwickeln zu wollen. Da weder im B-Plan noch im städtebaulichen Vertrag eine kulturelle Nutzung festgeschrieben wurde, gab es keinerlei rechtliche Handhabe mehr, die Eigentümerin zu einer Nutzung im Sinne der “Ehrenfelder Mischung” zu verpflichten.

Im Ratsbeschluss zum B-Plan v. 11.07.2017 (aber nicht im B-Plan selbst) wurde lediglich eine weiche Formulierung zur Integration der allseits gewünschten Nutzungen gewählt.

Unter Punkt 4 heißt es:

„Es wird bekräftigt, dass im Bereich der Ostspitze des Güterbahnhofgeländes im Rahmen der Umsetzung möglichst kulturwirtschaftliche und soziokulturelle Nutzungen zu berücksichtigen sind.“

Aufgrund einer durch uns im September 2017 initiierten und durch zahlreiche Kulturinstitutionen mitgezeichneten Petition mit fast 8.000 Unterschriften, gestartet im September 2017, sowie entsprechender Berichterstattung über den Güterbahnhof in den Tageszeitungen und über social media sowie deutlicher öffentlicher Stellungnahme seitens der politisch Verantwortlichen, konnte die Grundstückseigentümerin zurück an den Verhandlungstisch geholt werden. Diese tat das jedoch nur widerwillig, um im Februar 2018 die Gespräche über die Ostspitzenentwicklung mit uns der EGGE zu beenden.

Bedeutsam war die Petition, die nicht nur die Integration der von uns vorgeschlagenen Nutzungen auf dem Güterbahnhof forderte, sondern im Rahmen eines regelrechten “Kulturortsterbens” in Ehrenfeld sowie einem ungebremsten Preisanstieg und Entwicklungsdrang im Immobiliensektor zu sehen war, dennoch – und zwar als wichtiges Signal an die politischen Entscheidungsträger in Köln. Hier die Forderungen im Einzelnen:

“Wir appellieren daher an Frau Henriette Reker als Oberbürgermeisterin der Stadt Köln,

1. einen gremienübergreifenden Ansprechpartner (Kommission) als Bindeglied zwischen Politik, Unternehmen, Initiativen / Locations und Bürgern zu installieren, um die kommunale Kooperation von Kulturschaffenden, Bürgern und Politik zu stärken und gemeinsam Lösungen zur Entwicklung von Bebauungsflächen zu erarbeiten.

2. hinsichtlich des ehemaligen Gbf Ehrenfelds dafür Sorge zu tragen, dass der Ratsbeschluss vom 11.07.2017 eingehalten und das von JACK IN THE BOX mit Experten entwickelte Konzept zur kreativwirtschaftlichen Nutzung der Ostspitze umgesetzt wird.

3. hinsichtlich anderer Gebietsentwicklungen (z.B. Heliosgelände) dafür Sorge zu tragen, dass Ehrenfeld seinen identitätsstiftenden Charakter als Kunst-, Kreativ- und Kulturquartier nicht verliert, was notfalls durch die Anwendung eines städtischen Vorkaufsrechts gewährleistet werden kann.

4. bei B-Plan-Festsetzungen, Nutzungsverankerungen in städtebaulichen Verträgen sowie weiteren verwaltungsrechtlichen und steuerungstechnischen Möglichkeiten frühzeitig die Voraussetzungen zu schaffen, dass Köln seinen Metropolencharakter erhalten kann und kulturell überlebens- und entwicklungsfähig bleibt.

5. bei Wegfall kultur- oder kreativwirtschaftlich genutzter Gelände oder Gebäude einen innerstädtischen Alternativort anzubieten, auf dem das bisherige Kulturangebot erhalten werden kann.

6. bei Erschließungen bisher ungenutzter innerstädtischer Räume eine feste Quote (prozentualer Anteil ähnlich des sozialen Wohnungsbaus) für kultur- und kreativwirtschaftliche Nutzungen einzuführen, die bei den Bebauungsplänen einzuhalten ist.”

Das “Kulturortsterben” war zum Ende 2017 damit auch ein dringlicher Tagesordnungspunkt für die Kölner Politik.

2018

Am 06.02.2018 wurde im Rat der Stadt Köln der wegweisende Beschluss zur „Integration von Kreativräumen und kulturellen Raumbedarfen in die Stadtplanung“ (AN/0149/2018) gefasst:

„Beschluss in der mündlich geänderten Fassung: Die Verwaltung wird beauftragt, die Voraussetzungen zu schaffen, um die Sicherung und Integration von Kreativräumen und kulturellen Raumbedarfen im Rahmen einer integrierten Stadtentwicklung voranzutreiben. Dabei soll zunächst beispielhaft die Musikclubszene behandelt werden und darauf aufbauend auch die weiteren Cluster der Kultur- und Kreativwirtschaft dargestellt werden.

1. In Zusammenarbeit mit der IHK erfolgt eine Erfassung der derzeit genutzten Standorte und ihrer Entwicklungsperspektiven der Clubszene (Clubkataster).

2. Es sind Handlungsempfehlungen und Instrumente zu entwickeln und darzustellen, wie die Bedarfe der Kultur- und Kreativwirtschaft im Rahmen einer integrierten Stadtentwicklung in städtebaulichen Planungen unter folgenden Maßgaben und Zielsetzungen berücksichtigt werden können:a) Sicherung von kreativen Räumen der Musik- und Clubkultur in urbanen Quartieren, wie z.B. Ehrenfeld und Innenstadt, sowie Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten und Instrumenten bei Nutzungskonflikten im Bestand, z.B. Einbeziehung in ein Quartiersmanagement.b) Entwicklung und Etablierung von kreativen Räumen, insbesondere der Musik- und Clubkultur, bei der städtebaulichen Planung neuer Stadtquartiere sowie Sicherung von bereits vorhandenen Musikclubs bzw. anderweitigen Kreativnutzungen.c) Identifizierung potenzieller „Eroberungs- und Erprobungsräume“ für kreative Szenen in altindustriellen und in Umwandlung befindlichen Stadtlagen unter unbürokratischer Einbeziehung von Zwischennutzungen.d) Auswertung der Erfahrungen und der Handlungspraxis anderer Großstädte, wie z.B. Hamburg und Berlin, zu Fragen des Lärmschutzes (Lärmschutzbord, Lärmschutzfonds) sowie Kulturraumschutzmaßnahmen (Freiraumkataster).e) Mobilisierung von Knowhow und Verstetigung des Austauschs mit der Kreativszene durch Aufbau eines Netzwerks, z.B. in Form eines Beirats.f) Analyse und Darstellung von Förderprogrammen des Landes, des Bundes und der EU zur Unterstützung dieser Zielsetzungen.

3. Für die Umsetzung dieses Auftrags soll auch externe fachliche Beratung genutzt werden. Für die notwendige Untersuchungen und Konzeptentwicklungen haben die Antragsteller bereits Mittel im Haushalt 2018 bereitgestellt, siehe TP 0902 „Konzeptentwicklung für kulturelle und kreative Freiräume in der Stadtplanung“ sowie TP 1501 „Clubszene Köln“. “

Über die Petition selber wurde in der Sitzung des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden am 13.09.2018 unter Punkt 4.9 (Bürgereingabe gem. § 24 GO, betr.: „Kulturstandorte retten – Lebensqualität in Köln sichern“ (Az. 02-1600-167/17) entschieden (2569/2018) und unter Einbeziehung eines vorherigen Beschlusses der BV Ehrenfeld (s. 1. 6.) zur Petition wie folgt entschieden:

Der Ausschuss dankt dem Petenten für die Eingabe. Die Notwendigkeit, diese Forderungen zu verankern, wurde von der Verwaltung erkannt. Im Zuge des Ratsbeschlusses vom 06.02.2018 (Vorlagen-Nr. AN/0149/2018) erarbeitet die Verwaltung derzeit ein Konzept zur Integration von Kreativräumen und kulturellen Raumbedarfen in die Stadtplanung. Die Verwaltung wird beauftragt, zukünftig bei Bebauungsplanverfahren verstärkt Kultur- und Kreativstandorte zu berücksichtigen und nach Möglichkeit in die Planung zu integrieren.

1. Die Verwaltung beabsichtigt ein Gespräch mit dem Grundstückseigentümer und Jack in the box zu initiieren. Aufgrund der politischen Beschlüsse zur Integration kultureller Nutzungen in der Ostspitze sind auch die politischen Vertreter*innen der Bezirksvertretung Ehrenfeld und ggf. aus StEA / Ausschuss für Kunst und Kultur an dem Gespräch zu beteiligen.

2. Das Nutzungskonzept von JACK IN THE BOX soll unter Berücksichtigung des Betriebs einer vollwertigen Kulturspielstätte – mit Betriebszeiten auch nach 22:00 Uhr – realisiert werden. Damit die Vorgaben der TA-Lärm eingehalten werden, sind alle Schallschutzmöglichkeiten, u. a. durch entsprechende Gebäudekubaturen oder zur Lenkung der motorisierten und nichtmotorisierten Besucherströme, zu nutzen.

3. Zur Abwicklung der motorisierten Besucherströme bei Veranstaltungen, ist die Realisierung der für den Kulturbetrieb notwendigen Ostspitzenausfahrt durch die Verwaltung zu prüfen.

4. Die Abrissgenehmigung für die Güterhalle und die Baugenehmigungen für die Ostspitze sollen erst erteilt werden, wenn alle Fragen einer künftigen Nutzung geklärt und baurechtlich abgesichert sind.

5. Da vereinbarte Eckpunkte zur Entwicklung des Geländes nicht im B-Plan dargestellt werden konnten, sollten sie per Städtebaulichen Vertrag geregelt werden. Insofern wünscht die BV Einsichtnahme in diesen Vertrag, ggf. im nichtöffentlichen Teil.

6. Der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden ist über die Umsetzung des Beschlusses zu informieren.

Auf Grundlage dieser Beschlüsse fand im Dez. 2018 zunächst ein Gespräch seitens der verantwortlichen Vertreter der Politik (BV Ehrenfeld / StEA) mit der Grundstückseigentümerin und der stattInsel GmbH (i.Gr.), entstanden aus der EGGE (Entwicklunghsgesellschaft Güterbahnhof Ehrenfeld) statt, in dem mündlich vereinbart wurde, dass:

1. die Grundstückseigentümerin das Grundstück in der WESTSPITZE zur Umsetzung unseres Konzeptes zur Verfügung stellen wird,

2. wir im Gegenzug auf eine weitere Thematisierung der OSTSPITZE verzichten,

3. eine B-Plan-Änderung angestrebt wird, um einen zur Umsetzung des Konzepts in der WESTSPITZE adäquaten Neubau errichten zu können.

2019

Von Februar bis Juni 2019 fanden insgesamt drei Gespräche zwischen verantwortlichen Vertreter:innen der Politik und Verwaltung mit der Grundstückseigentümerin und stattInsel GmbH (i.Gr.) statt, um die Details zu klären. Am 13.06.2019 gelang die schriftlich gefasste und von allen an der Verhandlung Beteiligten unterschriebene Einigung:

1. Das erklärte Ziel aller Gesprächspartner ist es, eine sozio-kulturelle Nutzung in der Westspitze des Geländes (MI 1) zu ermöglichen. Der Verein Jack In The Box soll sein Ostspitzenkonzept in angepasster Weise und auf kleinerer Fläche umsetzen. Dazu beabsichtigt Jack in the Box e.V. sich externer Partner zu bedienen.

2. Die Aurelis Asset GmbH sichert zu, Jack in the box das Grundstück nebst Aufbauten zunächst durch einen Gestattungsvertrag spätestens zum Jahresende 2019 unentgeltlich zu überlassen. Die Aurelis Asset GmbH wird hierzu einen Entwurf des Gestattungsvertrags innerhalb der nächsten zwei Wochen Jack in the Box vorlegen.

3. Die Vertreter der Fraktionen und Gruppen im Stadtentwicklungsausschuss und in der Bezirksvertretung Ehrenfeld bekunden den politischen Willen, dass die Stadt Köln das Grundstück von der Aurelis Asset GmbH erwirbt. Die sozio-kulturelle Nutzung soll über eine Erbbaurechts-Vereinbarung abgesichert werden.

4. Die Klärung der weiteren Verfahrensschritte und rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgt zwischen Verwaltung und Jack In The Box e.V.

Der Beschluss wurde nur kurze Zeit nach dem Beschluss der Kulturentwicklungsplanung (KEP / April 2019) gefasst, in der auf die Sicherung von Kultur- und Kreativräumen durch das Instrument des Erbbaurechts verwiesen wird – der Einsatz dieses Instruments als probates Mittel soll geprüft werden:

“Mit Instrumenten der Stadtplanung und der dezernatsübergreifenden Verwaltungsarbeit wird ein Konzept entwickelt, das geeignet ist, existierende Kultur- und Kreativräume im Bestand zu sichern und neue wachsen zu lassen. In diesem Zusammenhang wird geprüft, ob der grundsätzliche Förderbedarf von Kunst und Kultur teilweise durch das Vorhalten oder den Ankauf von Flächen zur Sicherung eines finanzierbaren Miet- oder Erbpachtzines befriedigt werden kann und ob Investoren verpflichtet werden können, bei der Entwicklung von großen Planungsgebieten / -projekten Räume für Kultur mit zu planen und zu finanzieren, die anschließend in städtischen Besitz übergehen.”

Somit fielen die theoretischen Überlegungen zur Sicherung von Flächen für Kunst und Kultur durch städtischen Ankauf und Vergabe von Erbbaurecht mit einem ersten so praktizierten Fall quasi zusammen. Eine Verpflichtung des Investors zur Finanzierung der Planung wurde zwar hier nicht erwogen, dafür hat der Investor das Grundstück der Stadt für einen Preis mehr als vierfach unter dem Verkehrswert angeboten.

Das Liegenschaftsamt akzeptierte dieses (Wiedergutmachungs-) Angebot ungeprüft.

Die Überlassung der Liegenschaft und den darauf befindlichen Gebäuden seitens der Grundstückseigentümerin erfolgte im Oktober 2019 – so wie unter Punkt 2 vereinbart – an JACK IN THE BOX e.V.

Im Rahmen der Anpassung des ursprünglichen OSTSPITZEN Konzepts (wie unter Punkt 1 vereinbart), haben wir seit dem Sommer 2019 Gespräche mit dem Liegenschaftsamt, dem Bauverwaltungsamt, den Stadtentwässerungsbetrieben, dem Amt für Straßen- und Verkehrstechnik, dem Stadtplanungsamt, dem Bauaufsichtsamt, dem Kulturamt sowie mit verschiedenen Architekten geführt. Die Ergebnisse der Gespräche flossen in das Konzept für die Projektentwicklung WESTSPITZE mit ein, welches Grundlage und Bestandteil des Nutzungszweckes innerhalb des Erbbaurechtsvertrages wurde, der Ende Januar 2020 gemeinsam abschließend definiert wurde.

2020

Die weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen (gemäß Punkt 4 der Vereinbarung v. 13.06.2019) wurden mit dem Liegenschaftsamt und der verantwortlichen Beigeordneten und mittels Beratung eines ausgewiesenen Experten für die Bewertung von Immobilien und Erbbaurechten im Laufe des Jahres 2020 geklärt. Als Gesprächsgrundlage dienten drei Dokumente, die HISTORIE in ähnlicher Ausführung wie diese hier, das aktualisierte KURZKONZEPT und das MANAGEMENT SUMMARY.

Im weiteren Verlauf wurde das FINALE KONZEPT erarbeitet und unser „Dreisäulenmodell“ und die vier „Projektphasen“ fortgeführt, allerdings noch verfeinert und mehr ausformuliert.

Im Dezember 2020 erfolgte schließlich der Ankauf der Liegenschaft seitens der Stadt Köln.

Ebenfalls im Dezember 2020 wurde von uns die stattInsel WESTSPITZE GmbH (mit vorheriger Auflösung der stattInsel GmbH (i.Gr.)) als Erbbaurechtsnehmerin gegründet.

2021

Im Mai 2021 wurde der Erbbaurechtsvertrag zwischen der stattInsel WESTSPITZE GmbH und der Stadt Köln beim Notar unterschrieben.

Ende August 2021 wurde mit dem Ablehnungsschreiben der Deutschen Bahn hinsichtlich eines notwendigen Rangrücktritts ihres im Grundstücks-Grundbuch unserer Liegenschaft eingetragen Immsissionsduldungsrechts zugunsten des Erbbaurechts offenbar, dass die Stadt Köln – in der sicheren Annahme, dass ein Rangrücktritt der Bahn selbstverständlich sei –, eine frühzeitige Abklärung mit der Bahn nicht für notwendig gehalten hatte.

Nachdem die Stadt Köln im Oktober 2021 ihrerseits die Bahn angeschrieben hatte, erklärte die Bahn Anfang Dezember zur Erleichterung aller ihr Einverständnis zum Rangrücktritt hinter das Erbbaurecht. Hätte die Bahn auf ihrem Recht bestanden, wäre die Vergabe der Liegenschaft nach Erbbaurecht unmöglich gewesen. Dieses Gelang nur durch die Intervention von höchster Stelle im Namen der Oberbürgerneisterin Henriette Reker.

2022

Der Grundbucheintrag konnte nach erfolgtem Rangrücktritt der Bahn damit vorbereitet werden und im April 2022 erfolgen.

Damit endete die 10-jährige Phase des Engagements (und zuweilen Kampfes), um ein Areal auf dem ehemaligen Güterbahnhof Ehrenfeld für kreativwirtschaftliche, kulturelle und künstlerische Nutzungen im Sinne der Ehrenfelder Mischung zu sichern.

Die eigentliche Arbeit begann dann mittels eines großen Netzwerkes von vielen freiwilligen Helfer:innen im Bereich Aufräumen, Müllentsorgung, Gartenherstellung, Konzeptweiterentwicklung, Grafik, Beratung, vor allem aber Bautätigkeiten und vorbereitende Maßnahmen, sowie durch die Förderung durch das Kulturraummanagement möglich gewordenen Einbeziehung von Expert:innen im Bereich Architektur, juristische Beratung, Lärmschutzberatung, Brandschutzberatung und auch hauptamtliche Umsetzungen der ersten Bausteine des Konzeptes WESTSPITZE.

2023

Der in 2022, in Rücksprache mit dem Bauamt Köln zurückgezogene Bauantrag, wurde erweitert, verfeinert, finalisiert und in 2023 eingereicht. Das REALLABOR konnte durch erste schriftliche Bausteine dargestellt werden. Weitere Renovierungs-, Sanierungs- und Ertüchtigungsarbeiten wurden umgesetzt und im Mai fanden erstmalig die “Tage der offenen Tür” statt, um sowohl der Bewohnerschaft und Gästen a la couleur, als  auch der Politik und Verwaltung erstmalig die WESTSPITZE in einem rohen Zustand zu präsentieren und ein wenig zu umreißen, was das Publikum in Zukunft hier erwartet.

Wir hoffen nun auf eine schnelle Freigabe des Bauantrages, so dass wir in 2024 offiziell unsere Pforten öffnen können.

To be continued…